Jeder kennt sie und jeder verabscheut sie: die berühmtberüchtigten Abkürzungen Griechischer Namen. Aus Konstantinos wird „Kosta“ oder „Dinos“, aus „Vasiliki“ wird „Vicky“ und aus „Nikolas“ wird „Nikos“. Und das sind nur ein paar Beispiele. Aber kommen wir doch erstmal mal zur Auflösung des Rätsels um MEINEN EIGENEN Namen.
Es war einmal eine Großmutter, sie wurde von ihrem Mann – Opa Athanasios „Thanasis“ – liebevoll „Kyriakitsa“ (Taufname „Kyriaki“) genannt. Sie bekamen 6 Kinder (insgesamt 13, aber 7 starben, war wie am Fließband damals, mein Daddy ist das 13. Kind). Und selbstverständlich nannten 3 Kinder davon (Onkel M, Tante K und mein Papi) eins ihrer Kinder jeweils nach Oma. Ja wo kämma denn dahin…
Somit haben wir in unserer Familie (natürlich aus Millionen von Cousins 1., 2. und 3. Grades bestehend) drei Cousinen, die nach Oma benannt wurden: Cousine „Kitsa“ (lebt in Australien, deshalb auch gerne „Carrie“ gerufen), Cousine „Kiki“ (lebt in Griechenland, Kiki ist die übliche Abkürzung von „Kyriaki“, ist mir persönlich irgendwie zu pornös) und meine Wenigkeit „Koula“ (Lieblings-Bauerntrampel-Namensversion der Deutsch-Griechen für „Kyriaki“, Jeeeeesus Mariaaaa, warum????).
Exkurs 1 „Griechische Taufe“: egal wie man in Griechenland auf dem Papier eingetragen bzw. von Familie, Freunden und Co. gerufen wird, getauft wird man grundsätzlich mit dem christlichen Namen. In meinem Falle also „Kyriaki“. Für alle, die es nicht wissen: da es in Griechenland IMMER STRESS INNERHALB DER FAMILIE bei der Namensgebung gibt, hat man in Griechenland mit dem Eintragen des Namens offiziell Zeit bis zur Taufe.
Es kommt also nicht selten vor, dass man ein Kind, bis es getauft wird, „Bebi“ –wenn’s ein Junge ist- oder „Beba“ –wenn’s ein Mädchen ist- ruft. Das kann auch schon mal ein Jahr dauern. Leute ungelogen, ich war mal auf dem 1. Geburtstag eines Babys und auf der Torte stand ohne Witz ΧΡΟΝΙΑ ΠΟΛΛΑ ΜΠΕΜΠΗ – HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH BABY!

Exkurs 2: leider sind wir Griechen nicht nur für unsere Oberflächlichkeit, sondern auch für unseren übertriebenen Egoismus bekannt. Es passiert schon mal, dass sich Familien wegen der Namensgebung zerstreiten. Es gibt Fälle, in denen die Großeltern nie wieder bzw. –im besten Falle– mehrere Jahre nicht mit ihren Kindern bzw. den Schwiegereltern ihres Kindes sprechen, weil dem Enkelkind der Name des anderen Opas bzw. der anderen Oma gegeben wurde und nicht der eigene.
Deshalb wählen Griechen oftmals den einfachen Weg und geben –wenn 2 Kinder geboren wurden– einfach einen Namen aus der Familie der Frau und einen aus der Familie des Mannes.
Ich kenne aber auch einen Fall, bei dem die Eltern des Baby-Vaters –obwohl das 1. Baby nach einem seiner Elternteile benannt wurde– regelrecht ausgetitscht und nicht zur Taufe des 2. Babys erschienen sind, weil die Baby-Eltern entschieden haben, das 2. Kind nach einem der Elternteile der Baby-Mutter zu benennen. Also ich finde das ja mehr als gerecht, wie seht ihr das? Anscheinend nicht so die Daddy-Eltern.
Auch kenne ich einen Fall –och Gott Leute, eigentlich ist es schon zu peinlich diesen Fall hier zu erwähnen, aber nun juuut– da haben die Eltern entschieden, dem Kind einen Doppelnamen zu geben, was ja an sich völlig ok ist, habe ich persönlich auch gemacht. Allerdings hat man –wie auch so üblich in Griechenland– den Doppelnamen aus einem der jeweiligen zwei Familien „gebaut“. Und jetzt ratet mal, „Griechischer Egoismus auf dem höchsten Level“? Die eine Familie ruft das Kind mit „ihrem Namen“ und die andere ruft das Kind nach dem anderen Namen. Sorry cuties, aber da fällt mir absolut nichts mehr zu ein…
Im Übrigen: nicht selten geben Eltern die Namen der Großeltern nur –das habt ihr jetzt aber nicht von mir, kein Grieche hätte an der Stelle den Mumm, dies zuzugeben- um das Erbe zu sichern. Mal wieder ein lustiger Fall aus meinem Umfeld. Der Großvater –sprich der Ur-Großvater des Ungeborenen– hatte Folgendes verkündet: wer von den drei Enkeln ihm als erstes ein Urenkelchen schenkt, bekommt eine Wohnung überschrieben. Also zwischen zwei der Enkel –sprich Geschwister untereinander– gab es ein regelrechtes Kopf-an-Kopf-Rennen, ich sag es euch.

Was ich aber noch viel dramatischer finde, es gibt Fälle, da wird regelrecht „gedroht“, dass wenn man nicht den Namen des soundso wählt, es zu richtig hardcore Konsequenzen kommt, was das Erbe, die permanent finanzielle Unterstützung, etc. betrifft. Im Ernst jetzt, da zahle ich doch lieber ein Leben lang Miete und kaufe -wie es sich meines Erachtens gehört- stets alleine im Supermarkt ein anstatt im „Discounter Familia“. Meine SchwieMu ist ja z.B. auch so drauf. Die hat sich früher auch immer aufgeregt, dass ich eigentlich nie was angenommen habe. Bis ich ihr mal gesagt habe: „Also, wer seine Beinchen öffnen und ein Kind zeugen kann, der sollte es auch eigenverantwortlich großziehen können!“ BÄMS, das hat gesessen. Böse Deutsch-Griechische Schwiegertochter, GAAAAANZ BÖÖÖÖSE 😉 . Ja aber ist doch so, oder etwa nicht?!? Nun ja, ich gehöre vermutlich zu den 0,3% aller Menschen in Griechenland, die so eine Einstellung haben.
Aber kommen wir doch mal zum Tag, als wir meinem Schwiegerpapi verkündeten, wie unser Erstgeborener heißen sollte.
Eins vorweg, damit ihr versteht, wieso mir mein zuckersüßer Schwiegerdaddy am liebsten bis heute, was das Thema Namen angeht, an die Gurgel möchte:
DIMI’S UND MEIN VATER HEISSEN BEIDE „EVANGELOS“ aka „VANGELI“ (Vangeli ist der Rufname). DIE NAMENSGEBUNG AUS SICHT MEINES SCHWIEGERDADDYS WAR SOMIT QUASI FÜR IHN SAFE.
Ja genau, es hätte doch alles so einfach sein können. Aber wieso den einfachen Weg gehen, wenn man Familien-Drama haben kann?
Es ist schon klar, dass es meinem by the way für mich persönlich coolsten Dad auf dem ganzen Planeten (teilweise echt zu cool, hätte ruhig mal ein bisschen strenger sein können, dann hätte ich vermutlich nicht so sehr einen an der Klatsche 😉 ) sowas von egal war, wie wir unser Baby nennen. Hauptsache er hat einen Enkel, hallloooooo!!!!
Tja, und da saßen wir nun. Zu viert. Im Wohnzimmer meiner Schwiegereltern. Ich im 7. Monat schwanger. Die große Verkündung, weil danach gefragt wurde.
Der Name war nicht „Evangelos“ aka „Vangeli“. Weder der erste Name. Noch der zweite. SchwieMu hatte natürlich die glorreiche Idee, dem Kind doch wenigstens als Zweitnamen den Namen ihres Hubbys zu geben. Oder als Drittnamen. Herrjemine!
Nun, was soll ich euch sagen. Drama deluxe. Böse Zungen behaupten, er hätte es mir bis heute nicht verziehen.
Ach, so ein Quatsch. Er vergöttert seinen Enkelsohn. Und nicht nur ihn. Auch seinen zweiten Enkelsohn. Der im Übrigen auch nicht „Evangelos“ aka „Vangeli“ heisst. Ihr könnt euch vorstellen, dass SchwieMu und er alle Hoffnung ins zweite Enkelkind gesteckt hatten, nachdem klar war, dass wir einen zweiten Jungen bekommen, ne?!?
Und wieder muss ich meine Schwiegereltern an dieser Stelle in Schutz nehmen. Sie kennen es nicht anders. Sie sind damit groß geworden und gucken von morgens um 7.00h bis abends um 0.00h Griechisches Fernsehen. I mean, das sagt doch schon alles.
Nichtsdestotrotz, alles in Butter Leute. Also, insofern es mit einer Schwiegertochter wie mir natürlich sein kann. Denn ich bin auch nicht einfach. Sie sagen weiß, ich sag schwarz. Aber wisst ihr was? So macht es doch letztendlich am meisten Spaß. Und ich nehme weiß-Gott-kein Blatt vor den Mund. Ich sage alles, wirklich alles geradeheraus. Ist auf den 1. Blick unangenehm, aber auf Dauer rentiert es sich. Man weiß, woran man bei mir ist.
Und genau das kann ich euch nur wärmstens empfehlen. Traut euch. Gebt euren Kindern den Namen, der EUCH und euren Partnern gefällt. Es sind EURE Kinder. Und selbst «αν κατεβάσουν τα μούτρα», also wenn Großeltern angepisst sind. Es wird ihnen vergehen. Spätestens, sobald sie das Baby im Arm halten. Also im Normalfall. Ich würde auch sagen, die neue Generation traut sich schon viel mehr. Also, sie nennen ihre Kids zwar häufig immer noch nach den Großeltern. Aber zumindest sind sie so „mutig“ und kürzen nicht mehr ab. Ein „Christos“ wird nicht mehr zum „Taki“ und eine „Evangelia“ nicht mehr zur „Lia“. Ist doch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Wollt ihr den Klassiker unter jungen Griechen hören, um aber immer noch die Namensgebung der eigenen Eltern in aller Öffentlichkeit zu rechtfertigen? Da isse…
„Wie soll denn das Kind heißen?“ „Es bekommt Gott sei Dank den Namen meiner Mutter/meines Vaters, was ich gaaaaaar nicht schlimm finde. DENN DER NAME IST JA SOOOOOOOOOOOO SCHÖN!“
Hach Liebeleins. Macht es doch wie folgt: wenn gar nichts geht, dann befolgt doch einfach des Durchschnitts-Griechen liebsten Tip, der zieht IMMER: behauptet, ihr habt ein „Tama“ gemacht, 0815-Alibi für ganz Griechenland (machen Griechen eh häufig, denn wenn nichts geht, erinnern sie sich gerne an den lieben Gott, auch wenn sie sich grds. nur an Ostersamstag um 23.45h an ihn erinnern 🙁 ).
Ich weiß jetzt nicht genau, wie man das auf Deutsch beschreibt. Ich würde sagen, man verspricht einem Heiligen, dass man etwas für ihn tut, quasi eine Art „Opfergabe“, wenn er einem ein Baby schenkt. Wenn das Baby dann kommt, wird das Baby nach dem Heiligen benannt. Zack, Problem gelöst. Mit Gott legen sich keine Griechischen Schwiegereltern an, um Gottes Willen, man könnte ja in die Hölle kommen (by the way, da tümmeln sich viele Griechen 😉 ). Und wenn ihr den Heiligen-Namen nicht mögt, setzt ihn als Zweitnamen ein und verkündet das am Tag der Taufe. SURPRISE SURPRISE!!!
P.S.: an der Stelle möchte ich euch bitten über eine künstliche Befruchtung nachzudenken, also bitte Leute. Das müssen die Oldies ja nicht wissen, ne?!?
Oder aber man gibt den Namen, der am Tag der Geburt Namenstag hat. Auch eine passable Lösung. Man muss dann halt auch damit rechnen, möglicherweise seine Tochter „Aglaia“ oder seinen Sohn „Onoufri“ zu nennen. Ich finde das hat was, was meint ihr? Ist wie Roulette;-) .
Fazit: mein Mann und ich haben nicht mal eine Milli-Sekunde darüber nachgedacht, unsere Kinder nach unseren jeweiligen Eltern zu benennen. Im Ernst jetzt. Und das Witzige, mein Schwiegerdaddy würde niemals glauben, dass beide Namen unseres ersten Kindes auf dem Mist seines Sohnes gewachsen sind, ernsthaft. Aber wieso soll ich mir auch meinen Ruf der «στρίγγλα νύφι» zerstören, ist doch witzig man.
Wisst ihr, was ich meinem Schwiegerpapi immer sage (und meine Mami schämt sich immer in Grund und Boden dafür und fragt sich stets „wer hat nur dieses Kind geboren?“ – also sie meint mich, ihr wisst Bescheid 😉 ): «Αφού θα με φας που θα με φας μια ζωή στη μάπα, κοίτα να περνάμε καλά και βάλε τώρα να πιούμε ένα ούζο». Soll heißen „Du wirst mich eh für den Rest deines Lebens ertragen müssen, also schenk uns jetzt einen Ouzo ein und jut is!“
Ich finde mit Kommunikation geht alles, also zumindest im beschwipsten Zustand 😉 .