Oftmals hört man so Sätze wie „Die Lebensqualität im Süden ist einfach besser!“
Soweit so gut, aber was ist denn tatsächlich damit gemeint? Denn ob es einem gefällt oder nicht, was ich jetzt hier sage. Viele Griechen, die Griechenland aufgrund der Finanzkrise in den vergangenen 10 bis 12 Jahren den Rücken zugekehrt haben, werden dem vehement widersprechen. Ihr erinnert euch, „Brain Drain“ und so Scherze.
Da muss man sich wohl zunächst einmal fragen, wie jeder für sich „Lebensqualität“ definiert.

Und wie macht man das am besten? Indem man für sich erstmal klar feststellt, was man mag und was nicht. Und vor allem was für einen wichtig ist im Leben und was nicht.
Ich habe während all meiner Jahre in Deutschland immer über das Wetter gemoppert und bekam stets zurück „Ja, aber von Sonne und Meer kannste ja nicht leben, ne?“ Das ist mir schon klar. Dazu später mehr.
Soeben habe ich erwähnt, dass ausgewanderte Griechen dem vehement widersprechen würden. Insbesondere aus einem sehr essentiellen Grund. Dieser heißt Geld.
Unter anderem. Denn es ist ja nicht nur das Geld, was hier an allen Ecken fehlt. Worüber sich der Grieche seit jeher aufregt, ist zudem die mangelnde „Paideia“ – Allgemeinbildung. Gemeint ist damit allerdings größtenteils das Verhalten der Menschen untereinander, sprich das Benehmen.
Aber eins nach dem anderen. Das Durschnittsgehalt liegt hier weit unter 1000€. Vor 10 Jahren nannte man die Berufseinsteiger noch die „500€-Generation“. Es ist sogar üblich, dass wenn man sagt, man verdiene 1000€, man bloß nichts sagen solle, „mi milas katholou“. Weil man ja quasi zu den Topverdienern gehöre.
Wir brauchen -glaube ich- nicht darüber zu sprechen, dass dies der totale Quatsch ist. Ausgenommen man hat eine von Mama gesponsorte Wohnung und die dazu gehörigen wöchentlichen Supermarkteinkäufe. Aber dieses Thema verdient definitiv einen gesonderten Blogeintrag, verlasst euch drauf.
Lasst uns somit vorerst festhalten, dass zum einen Geld eine große Rolle für mangelnde Lebensqualität in Griechenland spielt. Dem stimme ich im Übrigen voll zu.
Was ich jedoch über die Jahre hinweg weiterhin festgestellt habe ist, dass nicht nur fehlendes Geld ausschlaggebend ist für die mangelnde Lebensqualität und somit das Auswandern der Griechen.
Es ist, wie schon erwähnt, insbesondere die mangelnde „paideia“. Benehmen. Die neue Generation, aber auch ich, die in Deutschland groß geworden ist, beschwert sich über permanente Respektlosigkeit der Mitmenschen untereinander. Aber was genau bedeutet das?
Viele ausgewanderte Griechen, die ich in den letzten 10 bis 12 Jahren in Deutschland kennenlernen durfte, waren sich in einem einig. Und zwar, dass sie endlich in einem Land leben, in dem einerseits ihre Arbeitsleistung gewertschätzt wird.
Ausgenommen natürlich, sie arbeiten bei Deutsch-Griechen, aber auch dieses Thema ist einen gesonderten Blogeintrag wert. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber auch hierzu an anderer Stelle mehr.
Und andererseits, dass jeglicher Behördengang nicht mehr in einem Nervenzusammenbruch endet. Bürokratie in Griechenland ist wohl das allerschlimmste Problem. Als ich noch als Rechtsanwältin tätig war, kam es nicht selten vor, dass ich bereits um 7.00h in einer meterlangen Schlange beim Finanzamt stand. Wieso? Um ein Nümmerken zu ziehen.
Ja und dann? Damit es oftmals 13.55h war, ich von 120 Nummern die 87 war, die Beamten mit der Bearbeitung erst bei Nummer 65 waren. Tja, und dann kam jemand raus zur Meute und schrie „Wir machen dann morgen früh mit dem Rest weiter!“ Zack, bähm!
Welcome to Greece baby!
Ihr seht, es ist nicht alles Gold, was glänzt. Dennoch gehöre ich zu der Truppe, die man weder mit mangelnder Wertschätzung auf der Arbeit noch mit katastrophalen Behördengängen schocken kann.
Ja, für mich spielen das gute Wetter, die Sonne und das Meer eine übergeordnete Rolle. Aber nicht nur.
Ich liebe es, dass Pünktlichkeit KEINE Tugend ist.
Und ich liebe es, dass ich nicht blöd angeguckt werde, wenn ich mein Kind um 22.00h zum Abendessen -ja genau, um 22.00h, wir Südländer essen so spät und wir lieben es- ins Restaurant mitnehme. Dieses Nase-Rümpfen in Deutschland beim Anblick eines Kindes im Restaurant nervt tierisch Leute. Ich kann mich noch genau an einen Tag erinnern, als wir mit Dimi und unserem Erstgeborenen (grad geschlüpft, nur am ratzen) in ein Cafe im Düsseldorfer Norden gehen wollten. Und was war? An der Tür hing doch tatsächlich ein ausgedrucktes Blatt mit einer Mama und einem Kinderwagen drauf und es hieß, dass nur bis zu 3 Kinderwagen im Cafe gleichzeitig erlaubt seien. Und jetzt kommt mir bitte nicht mit „ach du, das lag sicherlich am Platzmangel“! Nein, lag es nicht.
Auch liebe ich es, dass ich meine Kinder -wann immer ich Bock habe- bei den Großeltern „parken“ kann, ohne gleich von jeder ach-so-tollen-Öko-Mama kritisiert zu werden. „Kinder parken“ bei den Großeltern gehört hier wie Arsch auf Eimer, da sage ich doch nicht nein. Wenn ich mich mal 2 Wochen nicht bei den Schwiegereltern melde, heisst es schon fast „Koulitsa Wanted“. Und wehe ich bringe die Kids nicht mal nach 2 Wochen vorbei. Ach du, gesagt, getan! Auch an dieser Stelle bitte keine Moralpredigt a la „Ja, aber dafür macht man ja keine Kinder, um sie bei jeder erstbesten Gelegenheit zur Omi zu bringen!“
Ach Leute, ihr habt ja keine Ahnung, was es im griechischen Jargon bedeutet, Kinder zu parken. Jep, auch das bedarf eines gesonderten Artikels. Ich sage nur soviel: im Spätsommer, wenn der Schulbeginn naht und ich oftmals gefragt werde, wie hoch die Schulgebühren sind und wie ich die Privatschule meiner Kinder finanziere, kommen Griechen aus dem Staunen bei meiner Antwort nicht raus. Meine Antwort? Wir zahlen die Schulgebühren komplett selbst. Wie gesagt, an anderer Stelle dazu mehr…
Auch liebe ich es, mit meinen Kindern -wann immer es mir gefällt- an den Strand zu fahren sowie zu wissen, dass sie ab Mai bis Oktober im Meer rumtollen können. Und und und…
Ich weiß, dass das nicht alles ist, wofür es sich lohnt, in Griechenland zu leben.
Aber das ist ein Auszug dessen, wofür es sich aus meiner Sicht lohnt, in Griechenland zu leben.
Und das lasse ich mir nicht nehmen.