Griechische Hochzeiten

GRIECHISCHE HOCHZEIT – UND WAS EINE KERNSANIERUNG DAMIT ZU TUN HAT

Wart ihr schon mal auf einer traditionellen, griechischen Hochzeit? Nein? Na dann habt ihr aber was verpasst. Und damit meine ich nicht unbedingt nur Positives 😉 .

Eins vorweg – ich bin kein traditioneller Mensch, von daher werden sich wenige Dinge hier wiederfinden, die ich selbst auf meiner griechischen (kirchlichen) Hochzeit miterlebt habe. Aber so ein paar Punkte, jep, die habe auch ich erlebt. Eher so im Umfeld, bei meiner zuckersüßen SchwieMu 😉

Punkt 1: Standesamtliche Hochzeiten macht man in Griechenland eigentlich nur, wenn man – wie ich – einen Braten in der Röhre hatte. Und diese werden auch null ernst genommen, weil man als Griechen in der Regel noch eine kirchliche Hochzeit hinterher schmeißt.

Eine Bekannte von mir – na klar, der Braten hatte sich schon längst den Weg in die Gebärmutter gemacht – ist in Shorts zum Standesamt, mit der Schwester und dem Bruder ihres Mannes als Trauzeugen. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Schwiegereltern waren nicht anwesend. Die haben’s gar nicht für nötig gehalten.

Danach haben sie einen Kaffee geschlürft. Vermutlich dachte die „Braut“ zu dem Zeitpunkt, dass sie den Klassiker „ΓΑΜΟΒΑΦΤΙΣΗ“ – Hochzeit und Taufe in einem, quasi All-in-one – durchzieht. Ist in den letzten Jahren eine Modererscheinung (weil günstiger, beides auf einen Schlag) hier in Griechenland. Hat sie bis heute nicht, ca. 10 Jahre später. Die Muddi der Braut flennt heute noch durch die Gegend, dass ihr Schwiegersohn voll der Verkorkste ist, weil er ihre Tochter bis heute nicht geehelicht hat.

Ich bin ehrlich Leute, hätte mein Mann mich nicht gerne im weißen Fummel sehen wollen, ich hätte bis heute nicht kirchlich geheiratet. Mir war das sowas von Latte. Ich hatte meine zwei Kinderlein, diese wurden getauft, mit allem, was dazu gehört. Punkt. That’s it! Ich persönlich brauche diesen Firlefanz nicht.

Aber ich wusste, dass es meinem Mann sehr wichtig war, kirchlich zu heiraten. Und ja, auch ich habe letztendlich „unseren“ Tag in vollen Zügen genossen. Aber eins vorweg: ohne griechische Folklore-Musik, die gab’s nur, als ich mich ausgeruht habe und aufs Klo musste. Das war der Deal 😉 . Ich verabscheue diese Art von Mucke.

Aber zurück zum eigentlichen Thema…

Punkt 2: Thema Kernsanierung bei griechischen Hochzeiten.

Den ersten Brüller, den meine SchwieMu gebracht hat, als wir gesagt haben, dass wir kirchlich heiraten:

«Αμαν, πρέπει ν’ασβεστώσω το σπίτι και να κάνω ανακαίνιση!».

Soll heißen „Ich muss die Wohnung streichen und renovieren!“.

Ein normaler Mensch, wie ich, fragt sich natürlich in dem Moment „Wieso um Himmels Willen?“

Dazu muss man anmerken, dass in Griechenland sehr viel Wert darauf gelegt wird, was die Leute über einen sagen. Oberflächlichkeit wird sehr groß geschrieben.

„Was werden die Leute bloß von uns denken!“

Und glaubt niemandem, der euch weismachen will, dass das nicht stimmt. Der Grieche ist für seine Oberflächlichkeit bekannt. Oder habt ihr in Deutschland schon mal von einem sogenannten „Hochzeitskredit“ gehört, dem in den 90ern hier sehr bekannten  «ΓΑΜΟΔΑΝΕΙΟ»? Ach Leute, Sachen gibt’s!

Natürlich ist das alles nochmal eine Spur intensiver, wenn man auf dem Land lebt. Die dorfeigene Community ist äußerst streng und stets aufmerksam, man kennt sich schließlich.

Ist by the way bei uns in Ratingen, wo ich geboren bin, auch nicht anders 😉 .

Im Falle einer Hochzeit ist es nun mal so, dass gerade in den letzten Tagen vor der Hochzeit (aber auch lange danach) die Tür des Hauses quasi „geöffnet“ sein muss für den Fall, dass Besuch vorbei kommt und einem „Η ΩΡΑ Η ΚΑΛΗ“ wünschen möchte. Oder um sich im Nachhinein das Hochzeitsvideo zu geben. Muss doch ordentlich gelästert werden 😉 .

Meine SchwieMu hat tatsächlich gefühlt eine Kernsanierung durchgeführt. Knapp 160qm wurden erstmal gestrichen, das Vorzeige-Wohnzimmer –alte Häuser auf dem Land haben grds. 2 Wohnzimmer, eins für jeden Tag und eins, wenn Besuch kommt – wurde neu tapeziert, die Balkongitter geschmirgelt und neugestrichen. Und neue Fliesen wurden selbstverständlich auch auf dem Balkon verlegt.

Sie hat ohne Ende selbstgemachten Likör hergestellt und Wochen vorher «Κεράσματα» (kleine Süßspeisen) sowie eigene Give-aways für ihre Arbeitskolleginnen und die gesamte Nachbarschaft geordert.

Natürlich habe ich da nichts zu gesagt, wieso auch die Freude der lieben SchwieMu zerstören. Dennoch gab es von meiner Seite aus ohne Ende Kopfschütteln, Ironie merkt man mir extrem an, ist auch so gewollt. Sorry…

Ich bin halt in Deutschland und mit unheimlich coolen (wenn auch griechischen) Eltern aufgewachsen, die selbst so eine Show total lächerlich finden. Aber sie sind halt auch beide von klein auf in Deutschland. Allerdings gibt es diese Griechen-Sorte wie meine SchwieMu auch in Deutschland en masse, keine Sorge. Ist ja auch völlig ok. Aber absolut nicht meins.

Ich werde nie nachvollziehen können, wieso man etwas «για τα μάτια του κόσμου», quasi zur Show der Leute, macht. War mir schon immer ein Rätsel. Auch hat das in meinen Augen nichts mit unterschiedlichen Generationen zu tun. Es ist einfach Typ-Sache.

Aber ja klar, wieso aus der Komfortzone raus und etwas wagen, was plötzlich auf Missgunst stoßen würde. Viele Menschen in Griechenland – ob jung oder alt – sind so gefangen in ihrem altbackenen Denken, in ihrer verquerten, von überholten „Tradionen“ beeinflussten Welt, dass sie einfach nicht bereit für Neues sind. Man will ja nicht schließlich zum Gespött der Leute werden, ne?!?

Und das hat gar nicht mal mit Traditionen im klassischen Sinne zu tun. Denn Traditionen können im Allgemeinen sehr schön sein. Ich vermute viel eher, dass viele das Wort „Traditionen“ dazu ausnutzen, um gewisse, völlig überholte Denkweisen unter den Deckmantel des Wortes „Traditionen“ zu packen, um gewisse Verhaltensweisen zu rechtfertigen.

Und ich weiß auch, dass gerade die Jugend vieles nicht gutheißt. Dennoch wird – gerade wenn das heiratsfähige Alter immer näher rückt – vielem, was Mama und Papa sagen, nachgegeben und so gemacht, wie „es sich gehört“.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass Griechen allgemein nicht dafür bekannt sind, ihren Kindern „Flügel“ mit auf den Weg zu geben, gesundes Selbstbewusstsein ist vielen ein Fremdbegriff. Viele sind ein Leben lang in diesem „zwanghaften Familien-Ding“ gefangen und handeln genau so, dass man auch ja nicht seine Eltern verletzt. Die eigenen Wünsche und Bedürfnisse werden oftmals hinten angehangen.

Aber auch das ist wieder einen gesonderten Blog-Eintrag wert, meint ihr nicht?

Fakt: Wenn Griechen heiraten heißt es oft «Όλα για τους γονείς γίνονται.», alles wird für die Eltern gemacht. Finde ich persönlich sehr traurig, bei uns war das null der Fall. Mein Mann und ich waren an dem Tag irgendwie total in Trance und voll aufeinander fixiert und haben unsere Liebe gefeiert. Und natürlich sind wir gemeinsam (auf einem Quad by the way) in die Kirche gefahren. Ich hätte es lächerlich gefunden, wenn mich mein Dad nach 11 Jahren Beziehung und zwei Kinder später an der Schwelle meinem Mann übergeben hätte. Das sind wir nicht 😉 .

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